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Autonomie & Selbstbestimmung – für Kinder und Eltern

Aktualisiert: vor 11 Minuten

"Ich alleine!" – Wenn Kinder beginnen, ihren eigenen Willen zu entdecken, kann das für Eltern ganz schön herausfordernd sein. Zugleich ist es ein wunderbares Zeichen ihrer Entwicklung: Autonomie gehört – genau wie das Bedürfnis nach Verbindung und Kompetenz – zu den Grundbedürfnissen eines jeden Menschen. Unsere Kinder wollen wachsen, sich abgrenzen, ausprobieren und eigene Entscheidungen treffen. Und sie brauchen genau das, um selbstbewusst und innerlich stark durchs Leben zu gehen.

Doch was bedeutet Autonomie eigentlich im Familienalltag – vor allem dann, wenn die Nerven blank liegen, wenn Bedürfnisse kollidieren und besonders dann, wenn ein Kind vielleicht impulsiver, sensibler oder „grenzenloser“ ist als andere?

Grundbedürfnisse
Psychologische Grundbedürfnisse eines jeden Menschen

Zwischen Freiheit und Führung: Autonomie bei Kindern begleiten


Autonomie zuzulassen heißt nicht, alles durchgehen zu lassen. Es bedeutet, ihnen Freiräume zu schenken, in denen sie sich ausprobieren können. Auch sinnvolle Wahlmöglichkeiten bei Alltagsentscheidungen kann Kindern das Gefühl von Selbstbestimmtheit geben. Diese Wahlmöglichkeiten sollten abgestimmt auf das Alter, den Entwicklungsstand und die individuelle Bedürfnisse der Kinder sein. Gerade Kinder mit ADHS erleben oft mehr Regeln, mehr Korrekturen, mehr Begrenzungen. Umso wichtiger ist es, ihnen Freiräume zu ermöglichen, in denen sie sich als wirksam und selbstbestimmt erleben können.


Bei kleinen Kindern können es einfache, alltägliche Entscheidungen sein:


  • "Möchtest du die rote oder die blaue Mütze?"

  • "Willst du die Zähne zuerst selbst putzen oder ich zuerst?"

  • "Wählst du das Buch fürs Einschlafen aus oder soll ich eins aussuchen?"


Diese scheinbar kleinen Entscheidungen geben Kindern das Gefühl: Ich habe Einfluss, ich darf mitgestalten.


Bei Schulkindern – besonders bei Kindern mit ADHS – braucht es oft ein feinfühliges Gleichgewicht: genug Freiheit, um Selbstwirksamkeit zu erleben, und gleichzeitig klare, verständliche Strukturen als äußere Sicherheit. Hier ein paar Beispiele:


  • Hausaufgaben:

Statt „Mach jetzt deine Hausaufgaben“ könnte man sagen:

„Was brauchst du, um gut anfangen zu können?“ oder „Möchtest du erst Mathe oder Deutsch machen?“ Die Möglichkeit, wann oder in welcher Reihenfolge Aufgaben gemacht werden, kann das Gefühl von Autonomie stärken.


  • Alltag und Selbstorganisation:

„Magst du dir deine Kleidung selbst raussuchen oder soll ich dir was vorschlagen?“ „Willst du deinen Ranzen heute Abend oder morgen früh packen?“

 

  • Regeln und Grenzen:

Für Kinder ist es wichtig, dass Regeln klar sind und als sinnvoll erlebt werden. Erklärungen auf Augenhöhe („Warum gibt es diese Regel?“), gemeinsam entwickelte Familienabsprachen oder das Gefühl, dass Regeln auch mal verhandelbar sind, können helfen, Trotz und Widerstand zu verringern.


  • Freiräume schaffen:

Gerade Kinder mit ADHS erleben oft viele Begrenzungen und viele „Neins“. Deshalb ist es wertvoll, gezielt Situationen zu schaffen, in denen sie „einfach sein dürfen“, z. B. beim Toben draußen, im kreativen Tun, in Bewegung. Eltern können bewusst überlegen: Wo kann mein Kind heute mal frei entscheiden? Wo darf es laut, wild, unperfekt sein – ohne ständiges Eingreifen?


Führung und Freiheit schließen sich nicht aus. Kinder brauchen beides. Führung gibt Sicherheit, Orientierung, Halt. Freiheit gibt Selbstvertrauen, Motivation und das Gefühl, ernst genommen zu werden. Gerade Kinder mit ADHS profitieren von klaren, liebevoll gesetzten Leitplanken – aber sie brauchen auch Zonen, in denen sie sich entfalten dürfen.

 

Und was ist mit deiner Autonomie?


Während wir Eltern oft darüber nachdenken, wie wir die Autonomie unserer Kinder unterstützen können, vergessen wir eine wichtige Frage:


Wie steht es eigentlich um unsere Selbstbestimmung?

Gerade Mütter verlieren sich schnell in den Bedürfnissen anderer. Der Tag ist voll, To-dos reihen sich aneinander, und irgendwo dazwischen bleibt oft kein Platz für die eigenen Wünsche.

Doch auch du hast ein Recht auf Autonomie. Auf Raum für dich. Auf Zeit, in der du nicht funktionierst, sondern einfach bist.


Vielleicht fragst du dich:

  • Wann habe ich zuletzt etwas nur für mich getan – einfach, weil ich es wollte?

  • Wo treffe ich Entscheidungen aus einem inneren „Ja“ heraus – und wo aus Pflichtgefühl oder Gewohnheit?

  • Welche Mini-Freiheiten kann ich mir zurückholen, selbst mitten im vollen Familienalltag?

 

Kleine Schritte zurück zu dir

Es müssen keine großen Veränderungen sein. Manchmal reicht schon ein bewusster Kaffee am Fenster, ein Nein zu einer Aufgabe, die gerade zu viel ist, oder ein Ja zu einem Spaziergang allein. Wenn wir unsere eigene Autonomie wieder spüren, können wir sie nicht nur besser leben – wir können sie auch ganz anders vorleben. Für unsere Kinder. Für die Familie. Und für uns selbst.

 

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